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Über Sinn und Unsinn der Kunst am Lande
Steirischer Herbst in Pischelsdorf: Die Gruppe K.U.L.M thematisiert in ihren Beiträgen den Untergang vergangener und bestehender Realitäten.


Man könnte an ein Treuegelübde glauben, wenn man hört, dass heuer das steirische Avantgardefestival "steirischer herbst" zum 13. Mal in Folge mit K.U.L.M., dem Kunstdissidenten mit regionalem Federchen am Hut, kooperiert. Obwohl man in die Jahre gekommen ist, zeigt die Zusammenarbeit keine Abnutzungserscheinungen.
Die diesjährige Ausstellung "Heimat/Suburbia", die mit künstlerischem Eigenmaterial, sieht man vom "Gastauftritt" von Hartmut Skerbisch ab, bestückt wurde, belegt diesen Vergleich.
Eröffnungsrednerin Doris Rothauer aus Wien strapazierte in ihren einleitenden Worten ein Bonmot des Kabarettisten Karl Valentin, der einst gemeint hatte, Kunst sei schön, mache aber viel Arbeit. Eine Aussage, die punktgenau auf die Künstlergruppe K.U.L.M. zutrifft, die sich in ihrer Arbeit seit Jahren konsequent mit ihrem soziokulturellen Umfeld sachkritisch auseinandersetzt. Diesmal durchleuchtet man die schleichende, aber latente Verstädterung des ländlichen Raumes. Zugleich stellt man die Frage nach dem/der Sinn(-losigkeit) der Kunst im suburbanen Bereich.
Verloren Vor die Kamera bat Kunst-Ethnograf Richard Frankenberger die Bewohner des Gottesgrabens. Der von ihm konzipierte Interaktions- und Kommunikationsprozess ist im Sinne des von Joseph Beuys propagierten "erweiterten Kunstbegriffes" zu sehen. Eine Aktion in bewährter Frankenberger-Manier, die das pure Leben auf den Sockel der Kunst stellt.
Primitive Behausungen in Leichtbauweise fertigte Gottfried Ranegger als mögliche Unterkünfte künftiger Waldnomaden, die sich aus den Ausgemusterten und Verarmten der globalisierten Leistungsgesellschaft rekrutieren. Damit thematisiert der Pädagoge und Künstler das drohende Auseinanderbrechen des sozialen Zusammenhaltes durch den Zangengriff des Kapitalismus. Gertraud Ranegger-Strempfl beschäftigt sich in ihren an einer Wäscheleine hängenden Textildrucken mit den stereotypen Bildern "typischer" Bauersleut', die durch die Vermischung sozialer Klassenunterschiede ihre Authentizität eingebüßt haben. Wie in der Maiszucht entstehen hybride Mischformen.
Mit ironischem Augenzwinkern entwirft Klaus Schafler mit seiner "Tankstadt" die naturfremde Zukunftsvision eines prototypischen Transitortes unseres mobilen Nomadentums. Dem Modul "Mitfahrstelle", einem von insgesamt 25 Modulen, begegnet man in Schaflers mit oranger Kunststofffolie ausgekleidetem Warteraum für mögliche Fahrgemeinschaften.
Skerbisch dagegen deklariert sich als "Bildverweigerer" angesichts der medientechnisch fabrizierten Fiktion von Realität. Am Gestänge seiner Weltkugel-Installation hat er Texttafeln appliziert, die auf die radikale Interpretation der Welt als Ware Bezug nehmen.

FRANZ BRUGNER

erschienen in:
Kleine Zeitung,18.10.2005