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SubSYSTEME - Retrospektive auf das Lebenswerk von W. W. Anger


Dem im Vorjahr verstorbenen Grazer Künstler W. W. Anger widmen die Minoritengalerien im Grazer Priesterseminar eine groß angelegte Ausstellung zu dessen Lebenswerk.
Die Kuratoren Werner Fenz und Johannes Rauchenberger haben in Zusammenarbeit mit dem Team ARGE W. W. Anger – Familie und Freunde des Künstlers – auf einer Fläche von mehr als tausend Quadratmetern die bisher wohl größte Einzelausstellung im Priesterseminar unter dem Titel subSYSTEME. Die Retrospektive eingerichtet.
W. W. Anger beschäftigte sich in seinem hier gezeigten Hauptwerk seit den frühen 1980er-Jahren mit Fragen der Soziologie, der System- und Kommunikationstheorie, des Strukturalismus in Nachfolge Claude Lévi Strauss’ und des radikalen Konstruktivismus Heinz von Försters – vielfach auch in Bezügen, die das Thema des Steirischen Herbst, die Stadt, betreffen. Wie die Recherchen der Ausstellungsgestalter zeigen, reichten etliche seiner Installationen an theoretische Positionen heran, wie sie gegenwärtig von Stadtforschern erörtert werden und wie sie etwa im letzten Kunsthaus-Jour Fixe von Rainer Münz und Marco de Michelis (siehe Artikel in diesem KORSO) diskutiert wurden, wenn Münz beispielsweise anführte, dass private Bereiche der so genannten „Zwischenstädte“ sich heute auf ein schmales Spektrum zwischen Eigenheim und Automobil beschränkten. Wie eine physische Manifestation erscheint unter solchen Gesichtspunkten W. W. Angers Arbeit Vorstadt DNS aus dem Jahr 1999. Die Nachbildung einer ansteigenden Helix ist jeweils abwechselnd von Häusern und Autos besetzt.
Die Auseinandersetzung mit utopisch anmutenden Habitaten, zugleich eine Zwischenposition von Mikro- und Makrosicht, führte W. W. Anger fort in komplexen Installationen wie dem titelgebenden Subsystem / Zellteilung #1-7/ Anorganische Materie 3, das erstmals 2001 im Joanneum-Ecksaal gezeigt worden war. Die (Un-)Möglichkeit adäquater Architektur zwischen existenziellen Lebensformen und Wunschvorstellungen führte er mittels vielteiligen Werken wie Homebase for Outer Space (1999), Closed Cirquid (2001/2002) oder grafischen Positionen wie Headquater vor, letztere wurde 1998 in der Neuen Galerie von Peter Weibel präsentiert.
Unter den 29 in der Ausstellung gezeigten, teils korrespondieren Arbeiten befindet sich auch W. W. Angers sehr plausibler Versuch, Martin Heideggers Aufsatz Der Ursprung des Kunstwerks mittels plastischem Werk zu interpretieren: Das Ding? (1992) steht für die Suche nach Qualität und Position des Kunstwerks inmitten einer Produkt- und Warenwelt.
Angesichts dieser Retrospektive auf ein Werk, das ganz offensichtlich dem Vergleich mit zumindest überregionalen Positionen der Gegenwartskunst standhält, stellt sich die Frage, warum ein Künstler dieses Formats erst durch den ehrenamtlichen Einsatz eines Personenkomitees durch einen quasi posthumen Freundschaftsdienst die ihm entsprechende öffentliche Aufmerksamkeit erfahren darf, die ihm, aufgrund offensichtlicher Ignoranz von Galeristen und Kulturinstitutionen, zu Lebzeiten verwehrt geblieben ist. Aber selbst noch der diffizile Aufbau dieser Werkschau musste in Eigeninitiative von der ARGE W. W. Anger, unter Leitung von Arnold Reinisch und Heinz Schubert, besorgt werden.
Durch Unterstützung der Steirischen Kulturinitiative, der Kulturabteilung des Landes Steiermark und des Kulturamtes der Stadt Graz erschien nun das Werkbuch W. W. Anger. subSysteme (ISBN 3-85252-701-5) in der Bibliothek der Provinz; herausgegeben von Werner Fenz und gestaltet von Dietmar Jakely und Hilde Königshofer, beleuchten Texte von Renate Stadlhofer-Wagner und Oliver Wagner, Wilhelm Hengstler, Walter Titz, Johannes Rauchenberger, Wenzel Mracek und ein Werkverzeichnis von Evelyn Kraus Leben und Werk von W. W. Anger.
Elmar Ranegger (Salon Deluxe) gestaltete eine Ausstellungsdokumentation als Film auf DVD, erhältlich in der Ausstellung und auf Anfrage über elmar@salondeluxe.at. Die ARGE W. W. Anger sucht für die Zeit nach der Ausstellung langfristig verfügbare Depotmöglichkeiten für die Werksammlung W. W. Anger. Hinweise sind erbeten unter wenzel.mracek@korso.at

Katharina Gabalier

erschienen in:
Korso, Ausgabe 10, 2005