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Zwischen Stadt und Vorstadt
Zwischen Stadt und Vorstadt Diskurse um das Urbane in Kunstverein und Medienturm


Graz - Nach allen thematischen und inhaltlichen Diskrepanzen der letzten zieht sich heuer eine erstaunliche Konsequenz der Thematik durch die Grazer Galerien. Dabei haben sich einige sehr schöne Ausstellungen ergeben, allen voran Blank im Kunstverein Medienturm.
In der Gruppenausstellung werden städtische Zwischenräume thematisiert. Nicht-Orte, die sich krud und uncharmant geben, wie in Oliver Bobergs Video Gasse, jedoch kreativen und anarchistischen, aber auch unkontrollierten Kräften Raum zur Entfaltung bieten. So visualisiert Dariusz Kowalski im Video Ortem Stationsbereiche, menschenleere Gänge des Wiener U-Bahnnetzes, während Sabina Hörtner in ihrer Arbeit SRRZZZZ tatsächlich in den Untergrund führt. Kunstverein Medienturm.
Durch eine Falltüre leitet sie die Besucher in einen Kellerraum, der wie eine verlassene Baustelle aussieht. Besonders eindrücklich sind Octavian Trauttmansdorffs Fotos von Vorstadtbeiseln und Bahnhofsbuffets, wahre Un-Orte, die sich jedoch bei der Anrainerschaft höchster Beliebtheit erfreuen. Kunstverein Medienturm.
Klaus Schusters computergenerierte Bilder lassen den Betrachter mit dem mulmigen Gefühl zurück, das hier, trotz allem Realismus, etwas nicht ganz stimmt. Im Gegensatz zu repräsentativen Hochglanzstadtbildern wagt sich der Medienturm, mit Bezug auf Walter Benjamins Passagen-Werk, ins Gebiet des Transitorischen, den Untergrund und das Unbewusste. Kunstverein Medienturm.
Im Grazer Kunstverein wird mit GU - Graz Umgebung. Produktion einer rurbanen Landschaft der Begriff der Stadt auf ihren Umraum ausgeweitet. Dieses komplexe Projekt, das neben der Ausstellung im Zentrum von Graz und in einer Dublette des Kunstvereins im populären Shoppingcenter in Seiersberg, mittels unterschiedlicher Medien die Verbindung zwischen Stadt und Peripherie bewusst machen möchte, bezieht das Publikum aktiv in den Erlebnisprozess ein. Oliver Elser leitet in Gruppen zu Fuß von Kunstverein zu Kunstverein, wodurch - der Geschwindigkeit beraubt - der Wechsel von Stadt zu Stadtumgebung, intensiver erfahrbar wird, Grenzen zu verschwimmen beginnen. Kunstverein Medienturm.
Dass auch das Auto ein "rurbaner" (Anm.: rural+urban) Faktor ist, wird durch das Audioprogramm in der Kastner-&-Öhler-Tiefgarage und am Parkplatz der Shoppingcity Seiersberg hörbar gemacht. So wird das Audioprogramm auf der GU-Frequenz zum (Auto-) Radioprogramm. Die Arbeiten in der Ausstellung in der Bürgergasse thematisieren Stadt-, bzw. Stadtrezeption. Sascha Reichstein hat in ihrer Gegenüberstellung der beiden Verfilmungen von M - Eine Stadt sucht ihren Mörder Sequenzen der beiden Filme aus den Jahren 1931 und 1951 in einer dreiteiligen Diaprojektion montiert, wobei auf elegische Art die Entwicklungen von Ton- und Sounddramaturgie, und dadurch vermittelt, jene des Mediums wie des Verkehrs hör- und sichtbar werden. Kunstverein Medienturm.
Ed Ruschas Serie Every Building on the Sunset Strip führt in der Form der Künstlerpublikation die Medien Fotografie, Architektur und Design zusammen; Sofie Thorsen bannt Situationen der Stadtwahrnehmung an die Wand und Lois & Franziska Weinberger bringen die Natur in den Schauraum. Dislozierte Pflanzen werden zum Sinnbild für das Spannungsfeld zwischen bebautem und begrüntem Stadtraum. Victor Burgin komponiert in seinem Film The Little House musikalische, literarische und visuelle Eindrücke zu einem Porträt von Architektur. Kunstverein Medienturm.
Mit dieser Ausstellung beweist sich die Machbarkeit guter Ausstellungen auch mit nur wenigen Werken und begrenzten Mitteln.

Nora Theiss

erschienen in:
DER STANDARD, Printausgabe vom 4.10.2005