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Steirischer Herbst:
Neue Musik, die uns zur Erkenntnis führt


"Ich darf eine ganz ehrliche Antwort darauf geben", meint Thomas Daniel Schlee, der künstlerische Leiter des Carinthischen Sommers, auf die Frage, wie es ihm denn als Intendant in Kärnten gehe: "Es läuft ausgezeichnet. Unsere Produktion der Arvo-Pärt-Oper war achtmal ausverkauft." Im Übrigen erreichte Schlee mit seinem anspruchsvollen Kärntner Sommer-Programm eine Auslastung von über 85 Prozent, ist also rundum zufrieden.
Derzeit ist er freilich mit seiner eigentlichen Berufung beschäftigt: Der Komponist Thomas Daniel Schlee freut sich auf die Uraufführung seines Oratoriums "Und ich sah", sein Opus 55, das die Cappella Nova von Otto Kargl anlässlich des "steirischen herbstes" am kommenden Sonntag in der Basilika der Benediktinerabtei Seckau aus der Taufe heben wird.
"Es ist eine wirkliche Uraufführung", sagt Schlee, "obwohl ein Teil des Werkes bereits vor zwei Jahren in Graz zu hören war. "In Seckau kommt die vollständige Version der Komposition zur Aufführung, und zwar in der Version mit Streichern. In Graz wurde jene mit Orgel musiziert." Otto Kargl, der bereits von anderen Werken dieses Komponisten beeindruckende Aufführungen geleitet hat, regte Schlee zu dem neuen Werk an. "Es sollte", sagt der Komponist, "ein großes Stück zum Thema Apokalypse werden, das einen deutlichen Bezug zu den Boeckl-Fresken in Seckau hat." Dass er sich dabei nicht auf das letzte Buch der Bibel, die "Offenbarung" bezieht, begründet Schlee schlüssig: "Es geschah aus Respekt vor den beiden großen Apokalypse-Kompositionen von Franz Schmidt und Jean Francaix, überragende Meisterwerke. Außerdem enthält die Offenbarung zuletzt eine Drohung und verweist vielleicht in jene Richtung, die unser Sprachgebrauch fälschlich vom Wort Apokalypse macht: Apokalypse bedeutet ja nicht Schrecknis, sondern Erkenntnis. Ich habe daher im Alten und im Neuen Testament nach Texten gesucht, die etwas mit dem Sehen, dem plötzlichen Erkennen zu tun haben."
Die Parallelen und Verbindungslinien, auf die er bei dieser Arbeit stieß, nennt Schlee schlicht "fantastisch: Es finden sich Entsprechungen zwischen den unterschiedlichsten Büchern". Die musikalische Herausforderung: "Eine ganz kleine Besetzung", sagt Schlee, "mit der jeder Satz anders gestaltet werden sollte. Es soll Musik sein, die den Raum erfüllt, die mit der Intimität spielt und mit der Größe."
"Und ich sah", Uraufführung in Seckau: Sonntag, 9. 10., 18 Uhr - Tel: 0316/816070 .  

WILHELM SINKOVICZ

erschienen in:
Die Presse 08.10.2005